Die Welt als Kunstwerk

Von der Unschärfe zur Form: Siegmar Ahlvers’ planvolle Abstraktion

Bevor Siegmar Ahlvers Künstler wurde, suchte er als Ingenieur nach Gesetzmäßigkeiten: Messwerte, Modelle, Systeme. Parallel trug er seit Jugendtagen Skizzenbücher mit sich – getrieben von der Frage, wie sich das Unsichtbare der Welt sichtbar machen lässt. Heisenbergs Unschärferelation wurde ihm zur inneren Metapher: Wirklichkeit oszilliert zwischen Wahrscheinlichkeit und Gewissheit. Seine Malerei ist der Versuch, dieser Schwebe eine Form zu geben.

Der öffentlich sichtbare Start kam 2004 mit einer kleinen Ausstellung quadratischer Aquarelle. Ein Besucher kaufte spontan mehrere Arbeiten, doch entscheidender als der Verkauf war die Einsicht, dass seine Bilder Räume und Stimmungen spürbar verändern. Aus der privaten Suche wurde eine Haltung; Ahlvers entwickelte seine Kunst konsequent weiter – zunächst neben dem Beruf, später als Profession.

Seine Werke entstehen planvoll. Ideen wachsen aus Träumen, meditativen Notizen und Studien im Skizzenbuch; daraus entstehen Entwürfe in kleinem Format, bevor Leinwand oder Holzkörper folgen. Die – oft grafisch‑geometrischen – Kompositionen bauen auf präziser Bildaufteilung und bewusst gesetzter Farbdramaturgie. Material und Methode sind offen: Pinsel, Spachtel, Rollen, Schwämme, Stifte, Folienabzüge, Alufolie, Sand, Steinchen, Kohle, Magnete – alles, was Oberfläche und Raum zum Klingen bringt. Zugleich arbeitet Ahlvers seriell und hält innerhalb einer Reihe die formale Sprache konsistent, damit die Werke einzeln bestehen und gemeinsam als Ensemble wirken.

Geprägt von christlicher Prägung und naturwissenschaftlichem Denken sucht Ahlvers in Mustern, Rhythmen und Farbräumen nach den „inneren Strukturen“ der Welt. Seine planvoll komponierten, atmosphärisch dichten Arbeiten schaffen in privaten wie beruflichen Räumen eine konzentrierte, inspirierende Präsenz – Kunst als sichtbare Ordnung im Strom des Ungewissen.

Siegmar Ahlvers, Jahrgang 1957, wuchs in Langenhagen, im Weserbergland und in Celle auf und lebt seit 1978 in Hannover. Über 30 Jahre internationale Reisetätigkeit – besonders in der Reifenindustrie – prägten seinen Blick; heute fließen diese Erfahrungen sichtbar in sein Werk ein.