“Ich begreife die Welt als ein fortwährend entstehendes Kunstwerk. Überall, wo Geist und Kreativität zusammentreffen, bilden sich neue Ordnungen: Muster, Rhythmen, Verdichtungen. Diese unsichtbaren Zusammenhänge sichtbar – oder zumindest ahnbar – zu machen, ist der rote Faden meiner Arbeit.
Meine Bildsprache ist überwiegend abstrakt und untersucht Phänomene, Strukturen und Energien, die zwischen Ruhe und Bewegung changieren. In Serien greife ich außerdem Motive aus der Natur auf – nicht als Abbild, sondern als Resonanzraum für Wahrnehmung. So entstehen Bildwelten, die das Nebeneinander von Einheit und Vielfalt erfahrbar machen: das Große im Kleinen, das Wiederkehrende im Einmaligen.
Der Weg zum Bild ist präzise vorbereitet und offen zugleich. Viele Arbeiten beginnen als Notat im Skizzenbuch; daraus entwickle ich Kompositionen, die im Prozess Schicht für Schicht wachsen – durch Überlagerungen, Verdichtungen und bewusste Leerstellen. Harmonie und Balance der Farben sind dabei der tragende Grund. Entsprechend meinem Naturell arbeite ich planvoll, ohne die produktive Reibung des Zufalls zu verlieren.
Material und Technik wähle ich gemäß der jeweiligen Fragestellung: Aquarell setze ich – eher ungewohnt – auch in deckender Malweise ein, etwa bei grafisch aufgebauten Werken. Metallic-Wasserfarben nutze ich für transparente, lichtführende Ebenen. Acryl und Mixed Media kommen in allen Formaten zur Anwendung; digitale Verfahren dienen mir als Experimentierfeld und zur Vorbereitung von Kunstdrucken, ohne den haptischen Charakter des Originals zu ersetzen.
Mich interessiert, welche Fragen, Emotionen und Wahrnehmungen ein Bild auslöst. Deshalb verstehe ich meine Arbeiten als Angebot zum Dialog: zum langsamen Sehen, zum Weiterdenken, zum Gespräch. Wenn Betrachtende in meinen Bildern eigene Spuren entdecken – und darin das Spannungsfeld von Ordnung und Freiheit, von Einheit und Vielfalt – erfüllt das den Kern meines künstlerischen Antriebs.
Meine Malerei ist eine Einladung, die Strukturen der Welt als lebendige Komposition zu erfahren: offen, vielstimmig, miteinander verbunden.”
Bevor Siegmar Ahlvers Künstler wurde, suchte er als Ingenieur nach Gesetzmäßigkeiten: Messwerte, Modelle, Systeme. Parallel trug er seit Jugendtagen Skizzenbücher mit sich – getrieben von der Frage, wie sich das Unsichtbare der Welt sichtbar machen lässt. Heisenbergs Unschärferelation wurde ihm zur inneren Metapher: Wirklichkeit oszilliert zwischen Wahrscheinlichkeit und Gewissheit. Seine Malerei ist der Versuch, dieser Schwebe eine Form zu geben.
Der öffentlich sichtbare Start kam 2004 mit einer kleinen Ausstellung quadratischer Aquarelle. Ein Besucher kaufte spontan mehrere Arbeiten, doch entscheidender als der Verkauf war die Einsicht, dass seine Bilder Räume und Stimmungen spürbar verändern. Aus der privaten Suche wurde eine Haltung; Ahlvers entwickelte seine Kunst konsequent weiter – zunächst neben dem Beruf, später als Profession.
Seine Werke entstehen planvoll. Ideen wachsen aus Träumen, meditativen Notizen und Studien im Skizzenbuch; daraus entstehen Entwürfe in kleinem Format, bevor Leinwand oder Holzkörper folgen. Die – oft grafisch‑geometrischen – Kompositionen bauen auf präziser Bildaufteilung und bewusst gesetzter Farbdramaturgie. Material und Methode sind offen: Pinsel, Spachtel, Rollen, Schwämme, Stifte, Folienabzüge, Alufolie, Sand, Steinchen, Kohle, Magnete – alles, was Oberfläche und Raum zum Klingen bringt. Zugleich arbeitet Ahlvers seriell und hält innerhalb einer Reihe die formale Sprache konsistent, damit die Werke einzeln bestehen und gemeinsam als Ensemble wirken.
Geprägt von christlicher Prägung und naturwissenschaftlichem Denken sucht Ahlvers in Mustern, Rhythmen und Farbräumen nach den „inneren Strukturen“ der Welt. Seine planvoll komponierten, atmosphärisch dichten Arbeiten schaffen in privaten wie beruflichen Räumen eine konzentrierte, inspirierende Präsenz – Kunst als sichtbare Ordnung im Strom des Ungewissen.
Siegmar Ahlvers, Jahrgang 1957, wuchs in Langenhagen, im Weserbergland und in Celle auf und lebt seit 1978 in Hannover. Über 30 Jahre internationale Reisetätigkeit – besonders in der Reifenindustrie – prägten seinen Blick; heute fließen diese Erfahrungen sichtbar in sein Werk ein.
Alle Fotos auf dieser Seite erstellte mein Freund Dzmitry Sysalin – sysalinphoto.com. Er ist bekannt für beeindruckende Porträtfotografie!